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Die ABS-FM-Story - Old Gold Retold

Gute Musik aus Westfalen schon in der 1960ern. Sowas hieß damals Schwarzsender.
 ABS fm war einer der ersten und erfolgreichsten, dessen Geschichte erzählt werden muss.


Die Situation

Es war einmal, genauer gesagt, es war im Jahre 1964, zu einer Zeit als der Rock'n'Roll umgewälzt and und ihm neues Leben durch britische Bands zuerst aus Liverpool, später von überall auf den Britischen Inseln eingehaucht wurde, als die Begeisterung darüber um die ganze Welt ging.  Amerika bezeichnete es als 'British Pop Invasion', gezündet von den Beatles mit ihrem Auftritt in der Ed Sullivan Show im Januar 1964, der den Beginn ihres Erfolgs in den USA mit dem explosionsartigen Ausbruch der Beatlemania durch die Veröffentlichung ihrer Aufnahme 'I Want To Hold Your Hand' einleitete.

Auf dem europäischen Kontinent, besonders in Deutschland, Skandinavien und den Benelux-Ländern, hatte es zuvor schon begeisterte Anhänger britischer Popmusik gegeben, die nachts dem englischsprachigen Programm von Radio Luxembourg auf der Mittelwelle lauschten, wo das Fading einen charakteristischen Sound bedingte. Musiker wie Lonne Donnegan, Adam Faith, Billy Fury, Cliff Richard, John Leyton, Helen Shapiro, um nur einige zu nennen, waren zu einer Art Warenzeichen für beste Musik geworden, neben den alten amerikanischen Rockabilly-Legenden wie Elvis Presley, Buddy Holly, Eddie Cochrane, Brenda Lee, The Everly Brothers - absolute Spitze . Girl Groups besetzten Spitzenplätze in den Charts. Man denke nur an die Shirelles oder die Marvelettes. Und den Surfsound von der amerikanischen Westküste - Beach Boys, Jan & Dean, Ronny & The Daytonas....

Eine tolle Zeit, in der man lebte und Musik hörte.

Es war zu Ostern 1964, als Ronan O'Rahillys Radio Caroline von einem Schiff in internationalen Gewässern vor der englischen Küste den Sendebetrieb aufnahm.
Bald schon sollte Caroline die Wellen beherrschen. Innerhalb einiger weniger Wochen gab es dann zwei Caroline-Stationen, Radio Caroline North vor der Isle Of Man, Radio Caroline South vor der Küste von Essex bei Clacton-On-Sea,mit starkem Signal in Richtung London und Südengland..

Wenn man viel Zeit am Radio verbrachte und am Abend die Mittelwelle durchsuchte oder mit einer besseren Antenne tagsüber, konnte man die Aussendungen von See von Caroline, 'Wonderful' Radio London, 'Swinging' Radio England sogar von Westfalen im Nordwesten Deutschlands verfolgen. (Weitere Einzelheiten über die Geschichte des Rundfunks auf den Britischen Inseln und in Westeuropa in Paul's Radio Museum [gibt es wohl nicht mehr].)

Auf diese Weise war der Boden bereitet für etwas eigenständig Deutsches.... Radio ABS FM. Man muss bedenken, dass es in Deutschland ebenso wie in anderen europäischen Ländern prakisch KEINE englische oder amerikanische Popmusik oder Country Music an jedem Tag der Woche zu hören gab. Durchschnittlich eine Stunde in der Woche vielleicht. Hörer in Deutschland konnten AFN, the American Forces Network im Süden der Republik oder BFBS, the British Forces Broadcasting Service im Norden hören. In Westfalen und im Schwarzwald hatte man örtlich die Möglichkeit, eine kanadische Militärstation im FM-Bereich ('UKW') zu ergattern. In Westfalen gab es Radio C.A.E., das vom Fort Victoria bei Werl mit der 'erstaunlichen' Sendeleistung von 250 Watt zu vernehmen war.


Burg Altena

Gründer und Mädchen für alles gleichzeitig

Winfried Jackson (Winni) und Heribert E. Severing (Jet McKerry) aus Altena in Westfalen schätzten alle Arten des Rock'n'Roll. Sie spielten Gitarre und taten sich mit ein paar Freunden zusammen, um eine Gruppe namens  'The Phantoms' zu gründen. Sie taten ihr Bestes, in musikalischer Unschuld zur damaligen Zeit. Eine Erkennungsmelodie musste gefunden werden, es wurde 'Wipeout', das von den Surfaris 1963 aufgenommen worden war. (Heribert und Winfried waren sich über das Erkennungsthema nicht so ganz sicher, so dass sie 'Walk Don't Run' von den Ventures und 'Pipeline' von den Chantays vorübergehend ebenfalls benutzten.)  Indem sie sich über die neuesten musikalischen Entwicklungen durch das Hören US-amerikanischer, kanadischer und britischer Quellen auf dem Laufenden hielten, verbesserten sie ihre musikalischen Fähigkeiten ebenso wie ihre englische Sprachkompetenz Tag für Tag ein wenig.

In Tagträumen, eine richtig COOLE Station in Deutschland zu betreiben, spielten sie mit der Idee, selbst Musik über den Äther auszusenden. So etwas war streng verboten in Deutschland (und in allen anderen europäischen Ländern ebenso). Sie setzten das Vorhaben mit einem kleinen Gerät mit nur zwei Transistoren in die Tat um, am Ende war der Sender dann ein echter Klotz, ein TV-Gerät auf Abwegen. Die moralische Rechtfertigung lieferte die Beobachtung physikalischer Phänomene der Wellenausbreitung - Brechung, Reflexion usw., speziell deswegen, weil der Betrieb im bergigen Sauerland mit steilen Hängen überall ungewöhnlich war, so dass sie ihre Aussendungen ohne ein schlechtes Gewissen begannen.

Neben der Moderation wurden alle anfallenden Tätigkeiten, Konstruktion und Reparatur, Antennenbau und Ausrichtung, von Herb und Winni selbst ausgeführt. Legendär wurde die tägliche Bärenstunden-Sendung um 20 Uhr.

Mehrsprachige Sendungen

Ob man es glaubt oder  nicht, es gab Sendungen auf Deutsch ebenso wie auf Englisch vom Sendestart an. Und es sollte nicht lange währen, bis ABS fm den französischen Dienst aufnahm, was mit der Anzahl guter Aufnahmen aus Frankreich zu diesem Zeitpunkt zusammmen hing.
Vielleicht erinnern Sie sich an Sänger wie Richard Anthony, Johnny Hallyday, Adamo, Franç
oise Hardy, Christophe, Jacques Dutronc, um nur ein paar zu nennen, die einen hohen Bekanntheitsgrad ausserhalb der Grenzen Frankreichs, Belgiens oder Franko-Kanadas erlangten. Sie verdankten ihren Erfolg in nicht unerheblichem Maß dem kommerziellen Sender Europe No. 1, der vom Saarland aus mit 2000 Kilowatt auf Langwelle ganz Frankreich versorgte, und dessen werktäglicher Sendung am Nachmittag Salut! les Copains mit Daniel Filipacci.

Mit welch einfachen Mitteln ABS FM ein gutes Programm gestaltet hat, sieht man hier.


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